Worum geht’s?
Es geht – in Glattauers eigenen Worten – «um Menschen, von denen wir nichts wissen wollen, weil wir sie nicht spüren». Zwei befreundete Familien, die Binders und die Strobl-Marineks aus der gehobenen Mittelschicht Österreichs machen Urlaub in einer Luxusvilla in der Toscana. Die 14-jährige Sophie Luise darf eine Schulfreundin mitnehmen, Aayana, ein Flüchtlingskind aus Somalia, das neu in die Klasse gekommen ist.
Die schon im Klappentext angesprochene Katastrophe, die bereits nach wenigen Seiten eintritt, hat mich in ihrer Drastik trotzdem überrascht. Die Familien brechen den Urlaub ab, und zurück in Österreich folgen wir den verschiedenen Beteiligten auf ihrem Weg, mit der Katastrophe umzugehen. Es folgt ein Gerichtsprozess, der für alle Beteiligten unerwartet ausgeht.
Glattauer erzählt spannend, unaufgeregt, satirisch. Seine Figuren sind zu einem grossen Teil schematisch, überspitzt, nicht sehr realitätsnah, sondern stehen eher für allgemeine Typen in unserer Gesellschaft. Das finde ich amüsant bei den beiden Familien und ihren Anwälten, aber etwas problematisch bei der Beschreibung der Flüchtlingsfamilie. Klar steht auch hier ihr Schicksal stellvertretend für viele andere, doch die Zeichnung der Figuren korrespondiert meiner Meinung nach nicht mit der Schwere ihres Schicksals. Aber wahrscheinlich ist das gerade die Absicht, denn nur so spürt man sie eben nicht.
Nicht ganz nachvollziehbar ist für mich, wie die beiden Familien mit der Katastrophe umgehen, nämlich mit Verdrängen, und dass sie damit in Kauf nehmen, dass die Tochter depressiv wird und im Internet einen seltsamen Typen kennenlernt. Dass dieser sich Sophie nicht zufällig ausgesucht hat, ist der Leserin schnell klar. Diesen Strang finde ich etwas weit hergeholt und unnötig.
Was mir am Buch besonders gefällt
Das Buch liest sich kurzweilig trotz des schweren Themas. Durch eingestreute Pressemitteilungen, die den jeweiligen Ermittlungsstand wiedergeben, inklusive Chats und Internet-Kommentaren, erhält der Roman eine zusätzliche Dimension.